Widerstand gegen Atomwaffen in der Klimakrise

Am 21. Juli wanderte ich mit drei Catholic Worker-Freundinnen, Susan van der Hijden aus Amsterdam in den Niederlanden, Susan Crane aus Redwood City in Kalifornien und Chris Danowski aus Dortmund in Deutschland durch die Wälder, die die deutsche Luftwaffenbasis Büchel in der Eiffel umgeben. Es war gegen Ende einer „Internationalen Woche“ von Protesten gegen die etwa 20 nuklearen B61-Schwerkraftbomben, die aufgrund eines „nuklearen Teilungsabkommens“ mit den USA dort gelagert werden.

In den vorhergegangenen Tagen hatten wir die Eingangstore der Basis mit unseren Transparenten und Schildern besucht und vor zwei Tagen an der Aktion „Graben für das Leben“ außerhalb der Zäune teilgenommen, nahe des entgegengesetzten Endes der Landebahn, wo deutsche Piloten mit ihren in Italien hergestellten PA2000-Tornado-Kampfflugzeugen starten und landen und täglich üben, US-Atomwaffen über Russland abzuwerfen, falls der Befehl dazu kommt. Heute wanderten wir durch einen Wald toter und sterbender Bäume, der in den letzten Jahren durch Trockenheit, unvorhergesehene Hitze und massiven Borkenkäferbefall als Folgen des Klimawandels dezimiert worden war, zum anderen, weniger zugänglichen Ende der Landebahn.

Auf der Lichtung nahe der Landebahn bemerkten wir zwei Hobby-Späher, die vor uns dort angekommen waren in der Hoffnung, dramatische Fotos vom Abheben der Kampfflieger schießen zu können. Gemeinsam mit ihnen erforschten und überlegten wir, welche zukünftigen Proteste auf dem Gelände möglich wären, aber wir wussten auch, dass eine Aktion unmittelbar bevorstand.

Hinter dem Zaun, der die Basis vom Wald abgrenzte, gab es einen hohen Erdwall, der die Tornados, die ihre Maschinen vor dem Start aufwärmten, vor unseren Blicken schützte. Doch wir hörten, wie das Summen der Machinen sich in ein Dröhnen verwandelte, wir fühlten die Erde beben und sahen und rochen eine bittere und schwarze Wolke, einen stinkenden Pesthauch aus verbranntem und nicht-verbranntem Flugtreibstoff, der hinter dem Erdwall und über unsere Köpfe hinweg sich ausbreitete, bevor die Bomber losbrüllten und sich in die Luft erhoben um das Ende von allem zu erproben.

Nicht weit von hier, wo die Tornados mehr als 13 Tonnen CO2 pro Flugstunde in die Atmosphäre ausspuckten, räumten Städte und Dörfer die Zerstörungen in den Flußtälern auf, die die kürzlichen Regenfälle und Überflutungen hinterlassen hatten, mit zu diesem Zeitpunkt 177 Toten und hunderten Vermissten – an einigen Orten erreichten die Flüsse den höchsten Stand seit 100 Jahren, an anderen seit vielleicht 1000 Jahren.

Die Teilnahme an der jährlich stattfindenden „Internationalen Woche“ war schon durch die Tatsache erschwert worden, dass Deutschland erst wenige Tage zuvor wieder die Grenzen für geimpfte Besucherinnen und Besucher aus Ländern wie den USA geöffnet hatte, und dass seit dem 15. Juli, dem Tag nach meiner eigenen Ankunft mit dem Flugzeug, viele Zugstrecken und Straßen wegen des Hochwassers gesperrt waren. Von den wenigen, die es schafften, sich uns anzuschließen, hörten wir beängstigende Geschichten aus verschiedenen Gegenden Deutschlands. Unsere Zahl war wesentlich kleiner als erwartet, und die Flutkatastrophe bedeutetet, dass wir unsere Pläne für die Woche ändern mussten.

Wir hatten geplant, mit ausreichend Teilnehmerinnen und Teilnahmern die verschiedenen Eingänge der Basis am Freitag den 16. Juli, dem 76. Jahrestag der ersten Atomwaffenexplosion in Alamogordo, New Mexico im Jahr 1945 und dem 42. Jahrestag des Austretens von Uranium-Müll in der Mine von Church Rock, New Mexico im Jahr 1979 – dem größten Unfall mit radioaktiven Material in der Geschichte der USA – gewaltfrei zu blockieren. Wir erkannten, dass so eine Aktion zivilen Widerstands selbst mit unserer reduzierten Teilnehmendenzahl die Polizei von den Such- und Rettungsarbeiten abziehen würde, mit denen viele von ihnen in der überfluteten Region beschäftigt waren. Mitglieder unserer Gruppe trafen sich mit der Polizei und dem Kommandanten der Basis um sie zu informieren, dass es anstelle der Blockade am 16. Juli vor dem Haupt-Eingangstor eine einfache, stille Mahnwache mit Schildern und Transparenten geben, die drei Tage später geplante „Graben für den Frieden“-Aktion aber stattfinden würde.

Das ursprüngliche Konzept dieser Aktion sah ein symbolisches Theaterstück um den neuen schwer bewaffneten Hochsicherheitszaun mit Überwachungskameras, Bewegungsmeldern und tiefen Betonverankerungen herum vor. Der Plan, dass einige von uns mit rosa Spaten graben sollten mit dem unerreichbaren Ziel, einen Tunnel unter den Befestigungen zu schaffen, um auf die Landebahn zu gelangen und sie zu blockieren, während andere sie von einem Picknick auf einer angrenzenden Wiese aus anfeuern sollten, musste an unsere geringe Anzahl und in Anerkennung der Zerstörungen, die in den letzten Tagen um uns herum geschehen waren, angepasst werden.

Die leuchtenden rosa Schaufeln wurden mit schwarzer Farbe überdeckt oder mit schwarzen Bändern versehen. Farbige Transparente mit eher witzigen Parolen wurden zurückgelassen und neue angefertigt, die in Anbetracht der Situation in schwarz und weiss verkündeten: „DIE NÄCHSTE KATASTROPHE VERHINDERN, BEVOR SIE BEGINNT – ATOMWAFFEN ABSCHAFFEN!“

Während der Aktion wurden 14 Aktivistinnen und Aktivisten aus Deutschland, den Niederlanden und den USA am Zaun von einer vielfach größeren Menge an ziviler und militärischer Polizei empfangen, die nach einer Stunde vier der hartnäckigsten Grabenden verhaftete, die bald ohne Anklage entlassen wurden. Obwohl angesichts des mehr als 14 Millionen US-Dollar teuren Zaunes, der Leute wie uns abhalten soll, die zivile Polizei Besseres zu tun gehabt und unsere klar symbolischen Bemühungen hätte ignorieren können, haben uns einige in der lokalen Presse und mehr in den sozialen Medien vorgeworfen, die Polizei und das Militär davon abgehalten zu haben, sich mit den Folgen der Überflutungen zu beschäftigen.

Auf dem Höhepunkt ihrer nationalen Katastrophe waren nur 1000 der 150 000 Soldatinnen und Soldaten im deutschen Militär in der Fluthilfe eingesetzt, und am Tag, an dem wir in Büchel für das Leben gruben, flogen Tornado-Jets über unsere Köpfe und brachten Polizei, Protestierende, Soldatinnen und Soldaten sowie Mitglieder der Presse gleichermaßen dazu, die Ohren wegen des betäubenden Dröhnens zuzuhalten. Damit zeigte sich, was bei Klimaverhandlungen oft ignoriert und niemals erwähnt wird, nämlich der riesige Anteil, den das Militär der Welt an der Klimakrise hat, die USA und ihre Alliierten mehr als der Rest.

Vor der Aktion am Zaun, unter dem Dröhnen der Bomber, rief ein Polizeibeamter meinen Namen und informierte mich, dass ich angeklagt, schuldig befunden und zu 900 € Strafe oder 30 Tagen Gefängnis verurteilt wäre wegen der Aktionen während meines letzten Besuchs in Büchel vor zwei Jahren, gemeinsam mit zwei anderen, Susan aus Kalifornien und Susan aus Amsterdam. Vom Gericht war entschieden worden, dass „durch die gleiche Tat und in Tateinheit“ und „im Rahmen der jährlichen Treffen und Demonstrationen gegen Nuklearwaffen auf der Luftbasis der Kampfflugzeug-Squadron 33“ ich „unbefugt in den militärischen Bereich und seinen Sicherheitssektor eingedrungen“ sei, indem ich Löcher in den Zaun geschnitten hätte. Ich erinnere mich daran, dass damals der Polizeibeamte, der uns festnahm, unangemessen verärgert über das Loch war, das wir geschnitten hatten, aber nicht so sehr bekümmert über die Nuklearwaffen, die er bewachte, oder die Verletzungen des deutschen Grundgesetzes oder den Atomwaffensperrvertrag, die sie darstellen. Bevor ich Deutschland verlies schickte ich eine Berufung gegen meine Verurteilung und das Strafmaß an das Gericht in Cochem in der Hoffnung auf eine Möglichkeit, gegen die angebliche Legalität von Nuklearwaffen vor einem deutschen Gericht argumentieren zu können.

Die Vereinigten Staaten bereiten die Modernisierung der gegenwärtigen B61-Atombomben auf die neuen B61-12 vor, die jede angeblich mehr als 20 Millionen US-Doller kosten werden, und die deutsche Regierung plant, ihre Flotte von Tornado-Bombern bald durch intelligentere Flieger zu ersetzen, womit beide Regierungen Milliarden für Syteme ausgeben werden, die die Schwelle zu einem Nuklearkrieg erheblich senken und zur globalen Erwärmung beitragen werden. Es gibt keine Lösung der Klimakrise und keine Hoffnung für das menschliche Leben auf diesem Planeten ohne das Einbeziehen von Abrüstung und der Beendigung der Kriege.

 

(Brian Terrell ist Friedensaktivist aus Maloy, Iowa)

 

Quelle:

countercurrents.org, 2.8.2021

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